Montag, 30. August 2010

Schachmatt

Mein Computer läuft und läuft, fast könnte man meinen, er wäre ein Jungspund. Sieht sehr gut aus, ich bin zufrieden.
Anders sieht es bei der Strickerei aus. Nichts Neues zu zeigen. Das geht eben alles nicht so schnell.
Darum erzähle ich euch heute einen Schwank aus meinem Leben:
Als ich noch sehr jung war (in vorehelicher Zeit war das), habe ich Schach gespielt. Da gab es in Salzburg ein Kaffeehaus, wo sich die Schachspieler getroffen haben und man zwanglos eine Partie spielen konnte, ohne gleich einem Club anzugehören. Dort habe ich mich häufig aufgehalten. Nun kann man auch sagen, ich habe nicht so schlecht Schach gespielt. Die Gegner waren hauptsächlich Herren von 40 aufwärts, ich war 19, also für meine damalige Wahrnehmung waren meine Gegner Herren im eher reiferen Alter, und es waren auch so manche lokale Größen darunter. Etliche waren im Gegensatz zu mir in Clubs organisiert und haben das alles mit einem gewissen Ernst betrieben. Oft genug habe ich gewonnen. Oft auch nicht, manche der reifen Herren waren wirklich zu stark für mich.
Wie das Leben so spielt, es hat sich einfach in eine andere Richtung entwickelt. Ich habe geheiratet, ein Kind bekommen, das Kaffeehaus hat zugesperrt (hoffentlich nicht wegen mir), und plötzlich hatte ich keine Schachpartner mehr. Seit dieser Zeit habe ich nicht mehr gespielt.
Im Zuge der Feierlichkeiten zu diesem ominösen Augustfesttag habe ich mich letzte Woche auch mit einem Uralt-Freund getroffen. Der ist seit vielen Jahren Mitglied in einem Schachclub. Die Spielstärke wird in diesem Sport in Punkten gemessen, hat er mir erklärt, und seine Punktezahl lässt auf eine nicht geringe Spielstärke schließen. In seinem Club unterrichtet er die Jugend, er bringt den Kindern das Schachspielen bei. Und weil er so ein begeisterter Spieler ist, hat er plötzlich aus seinem Auto ein Schachbrett geholt und vor mich hingestellt. Ein bisschen hat's mich wieder gepackt. Große Chancen habe ich mir nicht ausgerechnet, schließlich habe ich 25 Jahre nicht mehr gespielt, aber einfach so, nur zum Spaß, ausloten wo ich stehe, das hat mich dann doch interessiert. Die ersten Züge waren noch sehr holprig, aber dann hatte ich plötzlich wieder den Überblick. Schwer zu erklären, man darf sich nicht auf die einzelnen Figuren konzentrieren, man muss sich ein Gesamtbild der Lage machen. Sehr viel kommt es darauf an, die eigenen Figuren gut zu positionieren, um ihnen Bewegungsfreiheit zu verschaffen. Gleichzeitig darf man aber zu keinem Zeitpunkt den König aus den Augen verlieren. Der muss unbedingt gedeckt sein.
Mein schachspielender Freund hat also wacker angegriffen, seine Figuren strategisch günstig platziert, alles sah sehr planmäßig aus, aber leider, er war sich seiner Sache zu sicher. Seinen König hat er sträflich vernachlässigt. Und als er mich eingekreist hatte mit allem, was er zu bieten hatte, habe ich ihn schachmatt gesetzt. Ich gehe davon aus, dass er mich unterschätzt hat. Was aber meine Genugtuung nicht geschmälert hat. Revanche gab es keine.

14 Kommentare:

  1. Gratuliere! So ein Sieg, und sei er, weil der Gegener Dich unterschätzt hat, ist in jedem Fall ein tolle Leistung und ein große Genugtuung. Wirst Du jetzt öfter spielen? Und dann weniger stricken? LG Kuestensocke

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  2. Eine ganz tolle Geschichte und zeigt mal wieder was man gelernt hat,verlernt man nicht so schnell.Herzliche Gratulation;-)
    LG Sonja

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  3. Das war ja dann wohl Erfolg auf ganzer Linie. Meinen Glückwunsch zum Sieg.

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  4. "Mann" sollte Frau gerade in weitreichenden und strategischen Belangen nie unterschätzen. Und ich bin begeistert, aber auch verwundert, eine wirklich sehr interessante, neue Seite an dir kennen gelernt zu haben. Wahnsinn und Respekt geben sich hier gerade die Hand, um sich vor dir zu verneigen. Und das meine ich ehrlich, ohne jeglichen Zwischenton.

    Vor genau 28 Jahren wechselte ich meine Schachinteresse weil ich der Meinung war, dass diese Art der "Gedächtnisebene" mir nicht das geben kann, was ich eigentlich suchte und wollte. Ein Freund nahm mich zu einem Club mit, indem eine für unsere Verhältnisse "neue Kampfsportart" gehuldigt wurde. GO. Ein altes chinesisches Brettspiel, was später dann von den japanischen Samurai zur entsprechenden Perfektion getrieben wurde. Und heute eigentlich neben dem Sumo das Spiel Nr.1 in JApan und auch zum Teil noch in China ist. Wenn man sich erst einmal etwas tiefer und gründlicher mit dieser Materie beschäftigt hat, fesselt es einem und lässt nicht wieder los. ;-)
    Jedenfalls spielte ich damals bis zum Mauerfall beim Uniclub Medizin Jena jeden Montag und Donnerstag aktiv GO. Leider reichte danach die Zeit und auch Gelegenheiten dafür nicht mehr aus, zumal das Spiel in unseren Breiten nicht so bekannt und verbreitet ist wie Schach, oder gar Fussball. Und jetzt habe ich doch wirklich hier in der Nähe vor ein paar Wochen einen schweizer GO Club gefunden..... ;-)
    Mich freut es, dass du immer noch den Biss und wahrscheinlich die Freude für das königliche Spiel über all die Jahre erhalten konntest.
    Aber ich sagte ja schon, Respekt und alle Achtung. ;-)

    In diesem Sinne wünsche ich dir noch eine angenehme Woche.


    LG rolf

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  5. Schach ist ein sehr schönes Spiel, macht mir allerdings auch nur zwanglos Freude. In Ckubs gibt es meistens so Rangordnunge, das mag ich mal gar nicht.
    Und diese Clubspieler unterschätzen diejenigen, die Schach als reines Vergnügen ansehen, jedenfalls kommt es häufig vor, wie man ja an Dir sieht, ähm, lesen kann...

    Sei lieb gegrüßt
    Kvelli

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  6. Hallo Margot! Eine schöne Episode! Nun wird ja wohl beim Schachspiel mit kühlem Kopf überlegt und gesetzt. Sonst hätte ich fast geglaubt, Du hättest ihn mit weiblicher List schachmatt gesetzt!!
    LG Joachim

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  7. Was für eine schöne Geschichte und Glückwunsch zum gewonnenen Spiel!
    LG Thora

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  8. suuuuuper!!!!! frau ist nicht unterzukriegen!!! jetzt hast du hoffentlich ein ganz anderes selbstbewußtsein!!! schach habe ich nie gespielt, aber den "könig" hatte ich immer im auge, lach!!!
    bitte mehr von diesen geschichten, glg

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  9. Hey, gratuliere! Da hast Du bei Deinem Gegner sicherlich für eine Überraschung gesorgt, klasse :o)
    Liebe Grüße, Coco

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  10. Margot was sagst Du den da, Du bist nicht vleissig am Stricken. Sehe ja einige Sachen die Du schon wieder fertig hast oder noch dran bist. Muss ja nicht alles gleich fertig sein.
    Ja dann hast Du ja auch noch ein sogenannter "Uhr-Alter" Freund getroffen und ein vergesses Hobbie wieder gefunden....SCHOEN...viel Spass dabei

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  11. Hallo Margot,
    ich mag Schach nicht, und zwar deshalb, weil ich es nie geschafft habe, darin gut zu sein. Dabei habe ich mir alle Mühe gegeben, mich theoretisch und praktisch damit auseinander gesetzt. Es hat alles nichts genützt. In meinem ganzen Leben habe ich noch NIE irgendjemanden beim Schach besiegen können, nicht einmal die Anfänger.

    Ich denke, mir fehlt da das Schach-Gen!

    Wie du schreibst, man muss das grosse Ganze im Auge behalten und die Schwachstellen des Gegners finden. Leider sehe ich aber immer vor lauter Bäumen den Wald nicht, dh. ich sehe die Figuren, mir aber auszumalen, was sie im nächsten Aufenblick alles tun könnten und dann noch die Züge des Gegners vorauszuahnen - das schaff ich einfach nicht.

    Das ist alles wie ein Wunder für mich, aber du kannst es...Gratuliere dir.
    Aber bitte, fordere mich NIE zum Schachspielen auf. Lieber will ich Strümpfe stricken lernen...

    LG

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  12. *hi hi* Und die Moral von der Geschicht, unterschätz Deinen Gegner niemals nicht. Ob Dein Schachpartner die Moral aber nu noch hören will? ;-)

    LG
    Linda

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  13. Wer mit so viel Geduld strickt und dabei auch noch kreativ ist, der ist garantiert auch ein guter Schachspieler. Obwohl, wenn ichs mir recht überdenke, habe ich Schach und Stricken noch nie verglichen. Na ja, man kann ja Stricken bis man Matt ist......, lg Doris

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Ich freue mich, dass ihr bis hierher gelesen habt und freue mich noch mehr, wenn ihr eure Meinung dazu sagt.