Sonntag, 10. Januar 2010

Ein bisschen Biologie

Was ich in der Zeitung immer lese, das sind die Leserbriefe. Ich freue mich richtig, wenn ganz viele drin sind. Da lassen sich die Leute über alles Mögliche aus, sie schreiben, was ihnen gefällt, sie ereifern sich über dieses und jenes, geben ihre Ansichten kund. Leserbriefe liefern ein Spiegelbild der Gesellschaft - natürlich nur von denen, die des Lesens und Schreibens mächtig sind, was den Personenkreis etwas einschränkt.
Oft läuft es so ab, dass etwas geschieht, worüber in der Zeitung berichtet wird, und dann äußern die Leser ihre Meinung dazu. So hat es auch vor Kurzem einen Anlassfall gegeben. Irgendwo im Salzkammergut, welcher Ort es jetzt genau ist, weiß ich nicht mehr, findet ein Perchtenlauf statt. Falls jemand darüber nicht informiert ist, Perchtenläufe gehören zum alpenländischen Brauchtum, es gibt schöne und hässliche Perchten, die etwas symbolisieren sollen. Das Austreiben des Winters beispielsweise. Naja, die große Brauchtumsexpertin bin ich nicht, auf jeden Fall findet dieser Lauf statt. Nun ist es erstmals in der Geschichte so, dass an diesem Lauf auch Frauen teilnehmen. Bisher war das eine Männerdomäne. Das hat für große Aufregung gesorgt, und die teilnehmenden Männer haben sich entschlossen zu streiken, weil das nicht sein darf und weil es das noch nie gegeben hat. Soweit die Vorgeschichte.
Auf den Leserbriefseiten wurde dieses Ereignis ausführlich diskutiert. Manche waren für Frauen beim Perchtenlauf, manche dagegen, oft auch ausführlich begründet, warum oder warum nicht. Ein Brief ist mir dabei besonders ins Auge gesprungen. Briefe dieser Art tauchen immer wieder auf, wenn es darum geht, dass für Frauen irgendetwas gefordert wird (bessere Kinderbetreuung zum Beispiel) oder wenn Frauen etwas tun wollen, das immer nur Männer gemacht haben (sich als Perchten verkleiden zum Beispiel). Dann meldet sich eine Frau zu Wort - leider ist es immer eine Frau - die die Forderung aufstellt, Frauen sollten daheim am Herd bleiben, weil das die natürliche Ordnung der Dinge ist. Frauen sind keine Männer, ihre Biologie ist anders, und darum sollen sie daheim bleiben, Kinder bekommen und sich um den Nachwuchs kümmern. Dieser Brief hat nur indirekt etwas mit dem Perchtenlauf zu tun, er erscheint immer wieder, von verschiedenen Frauen verfasst und zu den unterschiedlichsten Themen.
So weit so gut. Frauen sind tatsächlich keine Männer, das kann ich nachvollziehen. Ich gönne es diesen Frauen auch von Herzen, dass sie daheim am Herd ihre Erfüllung gefunden haben, dass sie in der Kindererziehung voll und ganz aufgehen und dass sie vor allem einen Ernährer haben, der das Ganze finanziert. Das gönne ich ihnen wirklich. Und wünsche ihnen auch von ganzem Herzen, dass sie von der fünfzigprozentigen Scheidungsrate nicht betroffen sein mögen, dass ihre Kinder es ihnen zu danken wissen und dass sie auch dann noch ein erfülltes Leben leben, wenn die Kinder groß und aus dem Haus sind.
Was ich ihnen nicht gönne, das ist diese Selbstverständlichkeit, mit der sie dieses Lebensmodell auch allen anderen Frauen aufzwingen wollen. Ich will jetzt gar nicht anfangen mit den Frauen, die - gewollt oder ungewollt - kinderlos bleiben. Aber: Sind dafür unsere Vorgängerinnen auf die Straße gegangen und haben nach langen Kämpfen erreicht, dass Frauen endlich den Männern rechtlich gleichgestellt sind? In Österreich hat das lange gedauert, in den 70er-Jahren war es so weit. Ich habe das große Glück, heute zu leben und nicht vor 100 Jahren, ich habe das große Glück, ein selbstbestimmtes Leben leben zu dürfen, wenn ich das so will, muss ich wirklich darauf verzichten, weil meine Biologie anders ist? Wie komme ich überhaupt dazu? Nein, liebe Hausfrauen, den Gefallen tue ich euch nicht. Lebt ruhig euer glückliches Leben, das ich euch wie gesagt gönne, aber lasst mich doch bitte in Frieden mit euren Forderungen. Auf meinen Rechten muss ich bestehen, auch wenn euch das nicht schmeckt. Soll ich vielleicht meiner Tochter, die so voller Elan das Leben für sich erobert, erklären, dass ihre ganzen Bemühungen sinnlos sind, weil ihr Platz daheim am Herd ist? Bitteschön, was soll das? Lasst mich in Frieden!

14 Kommentare:

  1. Hi Margot, das habe ich in anderen Situationen auch schon erlebt. Frauen selbst behindern die Emanzipation. Wir Männer haben aber die ganze Emanzipation unserer eigenen Zunft erst noch vor uns.
    Wie auch immer, ich wünche dir einen schönen Sonntag!!

    LG Jürgen

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  2. Ne Freundin von mir wurde auch von ihrem Mann dazu verdonnert am Herd zu stehen. Mit Kindern wird es auch bei diesem Paar leider nichts. - Jedenfalls hat sie einfach zu Arbeiten begonnen und fährt nun Lkw. Der Mann muss tierisch auf die Barikaden gegangen sein... sie hat sich aber nich beirren lassen und nun sind beide glücklich in ihrem Beruf. Er hat eingesehen, dass dieses Modell für die Frau von heute nichts mehr ist.

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  3. Wer in dem Modell Herd/Kinder aufgeht, soll es tun und damit glücklich werden, aber anderen dies nicht aufzwingen. Solche Diskussionen habe ich schon so oft auch in Foren verfolgt, da zerhackstückeln sich die die Frauen teilweise, weil jede ihr Lebensmodell für das einzig richtige hält. Meine Güte: Jedem das Seine...

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  4. Du sprichst mir aus dem Herzen!
    Es gibt ja noch viel Schlimmeres. In Ländern, wo Mädchen beschnitten werden, verteidigen diese schmerzhafte, lebensgefährliche Tradition am meisten FRAUEN, denen so etwas selbst geschehen ist. Unfassbar, wie sehr Erziehung und althergebrachte "Werte" und die Angst vor dem Neuen verblenden.

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  5. Ich hoffe, dass sich die Frauen bei dem Perchtenlauf trotz des Streiks der Männer durchgesetzt haben. Aber da müssen sie in Zukunft die entsprechenden Frauenkostüme haben.
    Vielleicht schreibt diesen altertümlichen Leserbrief zu den verschiedensten Themen immer dieselbe Frau?
    Liebe Grüße
    Joachim

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  6. Das unterschreibe ich so wie gelesen. Frauen sind ihr schlimmster Feind wenn es um die Emanzipation angeht. Selbst erfahren, selbst erlebt immer und immer wieder. Neid traf mich wenn ich in meiner Selbstständigkeit/Firma arbeiten war, Neid wenn ich zu Hause bleiben konnte - es ist beides ein Recht das wir in Anspruch nehmen dürfen. Hier in meiner Gegend fehlen für Alleinerziehende Mütter, Betreuungsplätze.
    Immer noch haben die Frauen dadurch wenige Chance in Arbeit zu kommen. Es ist ein Teufelskreis der sich immer noch schließt, für viele alleinerziehende Mütter (ich selbst war es viele Jahre).
    Die Männer die dort mitlaufen sollten umdenken. Jürgen hat auch recht, der heutige Mann und Vater hat es nicht leicht sich zu definieren.

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  7. Hallo Margot,
    ich lebe auch als "Nur-Hausfrau" und zweifache Mutter von inzwischen Teenagertöchtern. Ich bin es gerne, es macht mir auch noch nach 15 Jahren Freude aber - ich bin es nicht so ganz freiwillig. Nein, von meinem Mann hätte ich mich nie dazu "zwingen" lassen. Aber von den Umständen. Wir waren zehn Jahre lang friedlich als Doppelverdiener auf dieser Welt, bis unsere erste Tochter kam und dann, ja dann war alles anders als erwartet. Keine Kinderbetreuung (Omas fielen aus, öffentlich gab es nichts) und dann hatte ich plötzlich zwei Kinder unter zwei Jahren. Damit war mein Berufsleben beendet. Nachdem die Kinder endlich eine Kindergartenbetreuung hatten, war ich für den Arbeitsmarkt unattraktiv geworden (wer will auch schon ein Frau, die fünf Jahre lang nur Kaffeekränzchen gehalten hat??). Teilzeit- oder selbst 400Eurojobs gibt es hier in unserer Gegend gar nicht mehr und erst mal 50 km dafür zu fahren ist nicht rentabel. Ich hätte gerne wieder gearbeitet aber ich habe gelernt meine jetzige Situation zu akzeptieren. Sie hat ihre schönen Seiten (mittlerweile habe ich etwas mehr Zeit) aber auch viele negative (das Geld und die gesellschaftliche Akzeptanz fehlt). Was mich nur sehr wütend macht ist diese Ausschließlichkeit. Erst waren alle berufstätigen Mütter schlecht für die Kinder, jetzt schade ich meinen Kindern, weil ich nicht berufstätig bin. Wenn jemand seinen Beruf sehr liebt und ihn trotz Kind behalten kann, dann finde ich das toll weil ich davon ausgehe, dass diese Mutter zufrieden ist. Wer als Hausfrau und Mutter sein Glück gefunden hat, toll! Hauptsache ist, jeder kann wählen und niemand urteilt über diese Wahl. Eine Rückkehr in meinen Beruf ist mir und vielen Müttern, die zuhause bleiben mussten mittlerweile unmöglich (das finde ich eine Schande) dass alle Babies schon in der Krippe geboren werden sollen finde ich aber auch sehr bedenklich (es passt nicht für alle Kinder und auch nicht für alle Mütter). Ist es nicht eine gewisse Zufriedenheit, die die Eltern entspannt sein lässt? Und ist das nicht die beste Voraussetzung für einen glücklichen Start in ein neues Menschenleben. Ich würde mir wünschen, dass diese ständigen Rechthabereiein aufhörten. Aber manchmal frage ich mich doch auch, ob manche Geschlechtsgenossinnen es nicht übertreiben, wenn sie alle "Männerdomänen" erobern wollen um damit ständig zu demonstrieren, dass sie es auch, wenn nicht sogar besser, können. Auch hier fehlt doch die Gelassenheit, dass man die anderen (hier die Männer)mal ihr eigenes Ding machen zu lassen
    Liebe Grüße
    Sabine

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  8. Das Leben könnte so viel einfacher sein, wenn man JEDEN so leben lässt, wie er/sie möchte - solange natürlich kein Dritter Schaden erleidet!!! Wer z.B. als Frau seinen Lebenssinn im "am-Herd-stehen" sieht, soll dies auch gerne so ausleben (dürfen) ... aber nicht Anderen ebenfalls abverlangen!

    Öffne mal kurz meine Klugscheißer-Schublade (zwinker): Ein wenig Toleranz ist eine große Chance für Harmonie!

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  9. Jürgen, es ist schon wahr, Frauen sind sich oft selbst die schlimmsten Feinde. Aber dass die Emanzipation etwas ins Stocken geraten ist, liegt nicht nur an den Frauen. Und euch Männern würde ein bisschen Umdenken natürlich auch nicht schaden (Männer als Gesamtbegriff gesehen, nicht als Angriff gegen dich persönlich).
    Ghost, ist immer schön zu sehen, wenn solche Geschichten dann doch gut ausgehen.
    Coco, von mir aus kann jede tun, was sie will, aber sie soll nicht anderen, die anders leben wollen, Steine in den Weg werfen.
    Xammi, selbstverständlich gibt es anderswo noch viel Schlimmeres. Das wäre aber dann wieder ein völlig eigenes Thema, für das mir momentan die Zeit fehlt.
    Joachim, soweit ich weiß, hat der Perchtenlauf stattgefunden - mit Frauen und auch mit Männern. Die Welt steht noch.
    Mo, noch viel zu wenig gebrüllt. Irgendwann mehr.
    Manuela, genau das wollte ich sagen. Wenn es um Betreuungsplätze geht, sind Frauen die ersten, die schreien, wir brauchen keine. Wenn es allerdings um das Beschließen von Betreuungsplätzen geht, so sind da meistens Männer federführend beim Verhindern. Es ist auch eine Frage der Gewichtung. Was ist wichtig, wofür stellen wir Geld zur Verfügung?
    Sabine, vielen Dank für deine Offenheit. Keineswegs wollte ich mit diesem Artikel Mütter, die zuhause sind, diffamieren. Es ist mir sehr wohl bewusst, dass das nicht immer ganz freiwillig geschieht. Es ist mir auch bewusst, dass das Arbeitsleben, wie es heute aussieht, wenig Raum für Kinder lässt, was ich nicht für eine positive Entwicklung halte. Richtig ist auch, dass nicht jedes Kind gleich ist und dass Kinderbetreuung (wie immer sie aussieht) dieser Tatsache niemals gerecht werden kann. Das Thema ist wesentlich komplexer als in meinen kurzen Zeilen dargestellt, ich werde wohl noch eine Fortsetzung schreiben müssen.
    Claudia, ich zwinkere da einmal klugscheißerisch zurück und schließe mich deinem Wunsch nach Toleranz an.
    Liebe Grüße euch allen und vielen Dank fürs Reinschauen!

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  10. Hy liebe Margot. Im Gunde muss ich dir auch Recht geben. Finde auch dass die Gleichstellung der Frau und Mann in unserer Generation schon fast etwas normales geworden ist. Trotzdem wirkt das Wort Emanzipation auf verschiedene Menschen negativ. Wenn man zb sagt du bist eine Emanze, finde ich das nicht sehr positiv, da ich glaube dass verschiedene Frauen es auch ordentlich übertreiben. Finde Gleichberechtigung MUSS sein, trotzdem will ich damit sagen dass man als Frau, auch Frau bleiben soll. Feminität finde ich nämlich sehr wichtig für eine Frau. Aber manche Frauen glauben Emanzipation hätte auch etwas mit maskulinität zu tun. Frauen die sich geben wie ein Mann finde ich persönlich ganz schrecklich. Eine Frau kann auch emanzipiert sein und trotzdem doch Frau bleiben, oder?
    Wir lieben es doch von einem starken Mann die Sicherheit zu bekommen die wir brauchen. Wir können als Frau uns auch nicht immer alles so zurechtrücken wie wir es wollen. Manchmal wollen wir einen Mann der auch wirklich Mann ist, und dann in anderen Situationen wollen wir auch einen Mann der total verweichlicht ist. Da muss ich dann doch sagen dass die Männer es nicht sehr einfach mit uns Frauen haben. Emanzipiert hin oder her.

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  11. Jein, liebe Sonja. Ja, weil ich um nichts in der Welt ein Mann sein möchte. Ich bin ich. Ja, weil Gleichberechtigung sein muss. Ja, weil ich als Frau auch Frau bleiben will.
    Nein, weil das Wort Emanzipation für mich nichts Negatives an sich hat. Emanzipation ist immer noch dringend nötig. Das Wort kommt aus dem Lateinischen, wo es bedeutete, einen Sklaven in die Eigenständigkeit zu entlassen. Und ein eigenständiges Leben möchte ich führen. Darüber hinaus ein Leben mit gleichen Rechten, wie sie auch Männern zugestanden werden. Aber dass es Männer mit den veränderten Rollenbildern auch nicht leicht haben, da muss ich dir wieder zustimmen.
    Vielen Dank für deine Sicht der Dinge. Es ist hier schon so viel gesagt worden, und alles ist bedenkenswert.
    Liebe Grüße von Margot

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  12. Amen!
    Du hättest es nicht besser ausdrücken können!
    Man muss nicht alles tun, was man darf,
    aber man darf keinesfalls etwas verbieten zu tun, nur weil einige dieses Recht etwas zu dürfen nicht in Anspruch nehmen wollen.
    Es lebe die Vielfalt in der Freiheit!

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  13. Liebe Projektmanagerin, ganz besonders freue ich mich, dass du dich bis zu diesem Artikel hier durchgekämpft hast, welcher mir wichtiger war als sämtliches Strickzeug dieser Welt, und deinem Hoch auf die Vielfalt schließe ich mich gerne an.
    Liebe Grüße von Margot

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Ich freue mich, dass ihr bis hierher gelesen habt und freue mich noch mehr, wenn ihr eure Meinung dazu sagt.