Freitag, 4. Dezember 2009

Pfoten und was sie anrichten können

Eine schwierige Geschichte wird das heute. Seit ein paar Tagen wälze ich sie schon im Kopf, betrachte sie von allen Seiten und versuche, sie aus verschiedenen Blickwinkeln zu sehen. Ich habe zugesagt, dass ich sie schreibe, anfangs war sie für mich ein eindeutiger Fall, das ist sie jetzt nicht mehr. Es ist eine Geschichte, die mir Unbehagen bereitet.
Ich muss da weiter ausholen. Zumal ich mir geschworen habe, diesen meinen Blog frei von Werbung positiver als auch negativer Natur zu halten. Firmennamen kommen hier nicht vor, es sei denn, es geht um Wolle, und das bitte ich auch die Damen und Herren zur Kenntnis zu nehmen, die mir immer wieder großartige Werbevertragspartnerschaften in Aussicht stellen. Dieser Blog ist werbefreie Zone.
Mo (lesenswerter Blog) hat vor ein paar Tagen die Frage gestellt: Was wurde eigentlich aus...? Und dann ereilte mich ihre Botschaft: Schreib doch auch darüber.
Viele werden sich noch erinnern, es ist nicht ganz zwei Monate her, da wurden einige Verkäufer bei Dawanda abgemahnt, weil sie einige ihrer Produkte mit Abbildungen von Pfoten verziert hatten. Diese Abmahnungen, begleitet von Geldforderungen und der Aufforderung, die beanstandeten Produkte nicht weiter zu verkaufen, gingen aus von einer namhaften Firma, die als Firmenlogo eine Wolfstatze hat. Das war damals eine große Aufregung, in jedem zweiten Blog, den ich besucht habe, war darüber zu lesen. Bei manchen habe ich meinen Senf in Form von Kommentaren dazugegeben, bei manchen nicht, es waren mir einfach zu viele, um allen meine damalige Sicht der Dinge mitzuteilen, die kurzgefasst so lautete: Die namhafte Firma hat keine Chance, die kommen damit nicht durch.
Ich bin nun in den letzten Tagen der Sache nachgegangen. Was wurde aus...? Das ist schnell erzählt. Die Tatzenfirma hat, soweit ich das feststellen konnte, die eingelangten Beträge zurückgezahlt, Gegenstände mit Pfotenabbildungen dürfen auch weiterhin nicht bei Dawanda verkauft werden.
Ich stelle mir nun einmal vor, ich stricke einen Pullover, verziere ihn, weil mir das so gut gefällt, mit einer Pfote, und gebe ihn zum Verkauf frei. Mit der Tatzenfirma habe ich mich bis zu diesem Zeitpunkt nicht beschäftigt, tatsächlich war es mir neu, dass die ein solches Logo verwenden, hat mich nie interessiert, ich habe also keine Ahnung, dass das ein geschütztes Logo ist. Nach einiger Zeit kommt Post vom Anwalt, der einen Geldbetrag von mir fordert und mir klarmacht, dass ich meinen Pullover nicht verkaufen darf. Natürlich falle ich aus allen Wolken, wettere gegen die Firma, die das veranlasst hat, erzähle die Geschichte vielleicht auch weiter. Wenn die Firma dann aus irgendwelchen Gründen auf ihren Geldbetrag verzichtet, wenn ich bloß meinen Pullover nicht weiter zum Verkauf anbiete, bin ich wahrscheinlich froh, heil aus dieser Sache rauszukommen.
Auf der anderen Seite steht diese Firma. Sie hat jemanden damit beauftragt, ein unverwechselbares Logo zu entwerfen, hat diesem Designer Geld dafür bezahlt, hat auch Geld dafür bezahlt, dieses Logo schützen zu lassen und pocht darauf, dass das auch eingehalten wird. Zu diesem Zweck beschäftigt die Firma Anwälte, die ihre Arbeitszeit damit verbringen, nach Produkten Ausschau zu halten, die widerrechtlich mit dieser Pfote gekennzeichnet sind, weil das Logo, wenn es von anderen Personen auch verwendet wird, nicht mehr unverwechselbar ist. Widerrechtlich deshalb, weil das Logo tatsächlich durch das Markenschutzrecht geschützt ist, ein sehr eindeutiger Fall. Wäre ich Anwalt dieser Firma, hätte ich die Wahl, mir entweder einen anderen Job zu suchen oder genau gleich zu handeln.
Ich könnte zum Beispiel auf die Idee kommen, eine Imbissbude zu eröffnen und diese mit einem großen geschwungenen M zu zieren. Ich könnte sogar behaupten, das M steht für Margot, das würde mir nichts nützen, ich würde innerhalb kurzer Zeit vermutlich Besuch von Vertretern einer namhaften amerikanischen Schnellimbisskette bekommen, die mir unangenehme Neuigkeiten unterbreiten würden. So ähnlich erscheint mir die Sache mit den Tatzen. Wobei ich sagen muss, dass ich die beanstandeten Gegenstände nie gesehen habe. Hat sie jemand gesehen? Es tauchte die Behauptung auf, es wären auch Katzenpfoten darunter gewesen, Hundepfoten. Das wäre dann wieder ein völlig anderer Fall. Angenommen, ich stricke einen Pullover und verziere ihn mit einer Katzenpfote, und dann kommt ein Anwalt dieser Firma, ich denke, ich würde es drauf ankommen lassen und nicht zahlen. Sollen sie es von mir aus einklagen, dann wird wenigstens vor Gericht festgestellt, dass eine Katzenpfote keine Wolfspfote ist. Dann wären sämtliche Unklarheiten beseitigt.
Soweit diese Geschichte, wie sie sich mir darstellt. Ich habe mir aber auch die Frage gestellt, was denn nun eigentlich diese große Empörung ausgelöst hat. Dazu sind mir zwei Gründe eingefallen. Erstens einmal ist es ein klassischer Fall von David gegen Goliath. Eine solche Konstellation löst reflexartig ein Eingreifen für die schwächere Partei aus. Da sind auf der einen Seite die kleinen Dawandaverkäufer, die sich mit ihren selbstgefertigten Sachen ein bisschen etwas verdienen wollen, auf der anderen Seite die große Firma, die mit geballter Macht sämtliche Versuche, und seien sie noch so unbeabsichtigt, ihr Logo widerrechtlich zu verwenden, abschmettert. Man hält zu den Kleinen und hofft, dass die Sache gut für sie ausgeht.
Der zweite Grund ist komplizierter. Da bin ich zu keinem für mich endgültigen Schluss gekommen. Da geht es darum, was man eigentlich für Geld alles kaufen kann. Man kann die Abbildung einer Pfote kaufen, und dann darf sie niemand sonst mehr verwenden. Man kann die Abbildung eines Krokodils kaufen, und niemand sonst darf sie mehr verwenden. Irgendwann kommt jemand auf die Idee, die Abbildung des Fujijama für sich zu reklamieren, und beraubt damit sämtliche japanischen Landschaftsmaler ihrer Existenzgrundlage, weil sie dieses Bild nicht mehr verwenden dürfen. Irgendwann ist alles gekauft, und man darf gar nichts mehr. Mit dem Markenschutzrecht verwandt sind auch das Patentrecht und das Urheberrecht. Es ist schon vorgekommen, dass sich eine amerikanische Firma den Basmatireis patentieren lassen wollte, was unschätzbare Folgen für sämtliche indischen und pakistanischen Reisbauern gehabt hätte. Eine andere Firma wollte bei uns in der Gegend Trinkwasserquellen kaufen. In anderen Gegenden dieser Welt ist das schon ganz normal. Welche Dinge sind käuflich, welche nicht? Das ist die Frage, die bei mir sehr großes Unbehagen auslöst und die ich mir gestellt habe, als ich mich mit diesem Pfotenfall beschäftigt habe. Kann man mit Geld alles kaufen? Die Tatzenfirma dient hier nur als Beispiel, sie muss hier herhalten, weil sie eben gerade da war. Genausogut hätte ich über die Schokoladeeierfirma oder sonst irgendeine Firma schreiben können. Beispiele lassen sich sicher viele finden.

11 Kommentare:

  1. ich finde die ganze diskussion lächerlich, wenn es nicht so traurig wäre. jene "tatzenfirma" hat sich wahrscheinlich und hoffentlich !!! selber damit geschadet, indem potentielle käufer auch nur unverständlich den kopf schütteln und gute outdoor kleidung andere pfotenfreier firmen kaufen. ich habe dies gerade getan, obwohl ich schon seit jahren gerne einmal eine jacke mit besagter pfote besitzen wollte. jetzt sage ich nein danke. im grunde müssten die kirchen, als stellvertreter gottes nun die Tatzenfirma verklagen, denn wer hat´s erfunden? der liebe gott, oder die natur, die evolution..... jedenfalls nicht jakob wolfshaut
    schönes adventswochenende und liebe grüsse steffi

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  2. Ich hab ja dieses ganze Pfotentheater ja auch mitbekommen, hab aber auch nie sehen können wie dieser Pfotenabdruck derer die was selbsthergestelltes verkaufen wollten ausgesehen hat. Aber es ist doch schon erschreckend was man sich doch alles mit Geld erkaufen kann. Irgendwann kommt es noch das wir die Luft zum atmen auch noch bezahlen müssen. Aber was bleibt wenn alles sozusagen verkauft ist und selbst der Dreck unter den Schuhen zu Geld gemacht wurde? Mit was wird dann noch Geld gemacht? Denn irgendwann ist alles mal ausgereizt.

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  3. Eigentlich wird doch schon alles verkauft. Die Luft zum Atmen ist sehr teuer, wenn Du wegen einer Atemwegserkrankung entweder an die Berge oder an die See fahren musst. Wasser kostet bei uns Geld, Abwasser noch mehr (solltest mal die Gebührenordnung der Kommunen ansehen. Wegen Wasser werden andernorts Kriege geführt. Ein angenehmes Raumklima ist auch nicht grad billig, vor allem das Heizen. Also umsonst ist der Tod, und der kostet das Leben.
    Mit dem Urheberschutz ist das eine heikle Sache. Ich habe Bekannte, die beim Zoll arbeiten. Es werden Tonnenweise täglich Raubkopien ins Land geschmuggelt, egal ob Modelabels - wie Tatzen und Krokodile, Autos, HiFi oder Technik. Ich kann schon gut verstehen, dass die Firmen rigoros vorgehen. LG Xammi

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  4. Normalerweise dürfte eine Firma nur etwas einzuwenden haben, wenn ich ihr Loge mit genau demselben Design verwende. Aber anscheinend ist das nicht so. Außerdem meine ich, alles, was natürlich vorkommt, ob Fujijama oder echte Katzenpfote, dürften nicht als Logo patentiert werden. Wir sollten eine Eingabe bei der EU machen!! Lach!
    Liebe Grüße
    Joachim

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  5. Ich bin selber auch schon abgemahnt worden (ist schon 5 Jahre her). Ich denke immer noch mit Schrecken daran zurück. Die meisten Leute die abgemahnt werden, stehen ganz allein mit dem Schreiben vom Rechtsanwalt da. Von daher hatten es die Dawanda- Verkäuferinnen etwas leichter. Ich gönns ihnen.
    Ich hab damals einen Kartenausschnitt, den ich irgendwo im Netz gefunden habe, auf meiner homepage verwendet. Aus heutiger Sicht sicher dusselig. Damals hatte ich noch nie etwas von Abmahnungen gehört. Man lernt ja immer dazu. Die Abmahnung sollte damals 1000 Euronen kosten und ich konnte mich mit den Rechtsanwälten mit viel Jammerei auf 700 Euronen einigen. Rausgeschmissenes Geld, was mir sehr weh tat. Ich hatte es damals mit einer ganzen (fand ich) abgebrühten Sammlung von Rechtsanwälten aus Frankfurt zutun, die nichts anderes machen, als Abmahnungen zu schreiben. Ich denk mit Grausen zurück und vergess es mal ganz schnell wieder. Schönen Advent. Gabi

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  6. Sinn einer Markenschützung ist doch, sich gegen Nachahmer oder Trittbrettfahrer zur Wehr setzen zu können.
    Man denkt sich etwas aus oder läßt es ausdenken, was das oder die eigenen Produkt/e / Werbung unverwechselbar macht.
    Da ist es auch legitim, daß eine Firma, so sie es sich leisten kann, Anwälte beschäftigt, die darauf achten, daß so ein Logo / Name nicht mißbraucht wird.
    Nur - in diesem Falle wurde wohl mit Kanonenkugeln auf Spatzen geschossen. Anders ist es auch nicht zu erklären, warum die Gebühren zurückbezahlt wurden.
    Vielleicht sollte sich der eine oder andere damit beschäftigte Anwalt nun doch besser einen anderen Arbeitgeber suchen, denn nun weiß zwar die ganze Dawanda-Welt, wer JW ist, aber so eine Werbestrategie (was es ja auch sein könnte) ist schon hochnotpeinlich und schadet mehr als sie nutzt, zumindest in diesem Falle.
    Und was die Burger-Connection angeht - In der Sesamstraße kann man sich zwar Buchstaben kaufen - Ich kaufe ein M! - aber das Alphabet oder Teile davon kann man sich sicher nicht schützen lassen.
    Sonst heiße ich jetzt ja nur noch "o" - und mit der Dame habe ich nun aber wirklich nichts gemeinsam - und meine arme omamo mutiert zur "oao"...
    Da muß ich gleich mal drüber sinnieren... hatte heute eh noch kein Blogthema...

    Liebe Grüße
    o

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  7. Stefanie, ich denke auch, dass sich die Tatzenfirma gewaltig geschadet hat. Gestern habe ich noch im Bus einen Mann gesehen, der so eine Jacke anhatte. Habe angestrengt geschaut, wo denn nun eigentlich dieses Logo ist, ich hab's nicht finden können. Nur einen großen Schriftzug.
    Sabine, ich persönlich finde es erschreckend, dass man Dinge, die in der Natur vorkommen, ob jetzt Pfotenabdrücke oder Trinkwasser, kaufen kann. Leider ist es so. Das mit der Luft ist gar nicht so weit hergeholt. Ich weiß nicht, ob das eine Salzburger Spezialität ist oder international üblich, bei uns gibt es eine Luftsteuer. Für Geschäfte, die Firmenschilder anbringen und dafür Luftraum brauchen.
    Xammi, auch ich verstehe, dass Firmen rigoros vorgehen. Täten sie es nicht, wäre das geschäftsschädigend. Genauso geschäftsschädigend ist aber auch eine schlechte Presse. Ich glaube, dass die erwähnte Firma nicht richtig abgeschätzt hat, was sie auslöst. Für die war das ein völlig normaler Geschäftsvorgang.
    Joachim, auch das ist ein wichtiger Punkt. Wie gesagt, ich habe die Sachen nicht gesehen. Ich kann es nicht beurteilen, ob genau diese Tatze verwendet wurde oder nur irgendwelche Tatzen.
    Gabi, wahrscheinlich kommt man sich sehr ohnmächtig vor, wenn man einer ganzen Armee von Anwälten gegenübersteht. Würde mir ähnlich gehen. Ich glaube auch, dass man sehr schnell in eine solche Falle tappen kann. Ich z. B. hätte nicht gewusst, dass ich keine Wolfstatzen verwenden darf.
    (M)o, mach dir keine Sorgen wegen deines M, das wird dir sicher erhalten bleiben. Diese ganze Sache, selbst wenn sie bestehen darauf, dass diese Abbildungen nicht verkauft werden dürfen, hätte sich sicher auch anders regeln lassen. In den meisten Fällen hätte wohl eine einfache Information genügt. Man muss nicht gleich mit Strafen und Anwälten drohen. Das ist ein brutales Vorgehen, aber wohl so üblich. Ich würde auch gar nicht erst Anwalt bei einer solchen Firma werden wollen, egal ob es jetzt um die Tatzenfirma oder eine andere geht. Was bleibt, ist ein schaler Nachgeschmack und die Gewissheit, dass die Firma etliche potentielle Kunden verloren hat.
    Vielen Dank euch allen, dass ihr euch durch meine vielen Zeilen gequält habt, seid ganz herzlich gegrüßt von Margot

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  8. Ja, das mit dem Markenrecht ist schon ziemlich verwirrend. Da gabs auch mal ein Hörspiel drüber. Das konnte man sich kostenfrei aus dem Netz holen. Das beschäftigt sich mit genau diesem Thema und wurde von einem Anwalt geschrieben. Also ich fans übelst interessant. Wenn du magst, such ich dir die Adresse noch ma raus.

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  9. Liebe Ghost, falls du die Adresse gerade bei der Hand hast, das wäre interessant. Musst aber jetzt nicht extra suchen, nur wenn's leicht geht.
    Liebe Grüße von Margot

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  10. Nun ich weiß von einer Globalisierungsgegnerin Naomi Klein, Nike hatte Schuhe im Angebot die Frau/Mann sich personalisieren konnte per Namenszug...oder eigenes Logo. Sie wollte "no Logo" darauf stehen haben. Das wurde abgelehnt trotz Klage. "No Logo" finde ich immer noch gut. Ansonsten regiert momentan das "Geld" die Welt. Ob es eine Umkehr geben wird- weiß ich nicht.lg Manuela

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  11. Liebe Manuela, leider, leider, Geld regiert die Welt. Ein Umkehr halte ich für unvermeidlich, wenn man auch zukünftigen Generationen ein lebenswertes Leben ermöglichen möchte. Aber wer denkt heute schon an die Zukunft? Mit den immer gleichen Rezepten werden die immer gleichen Probleme produziert, am Ende ist die Sackgasse. Umkehr wird schwierig, aber wird sich nicht vermeiden lassen.
    Liebe Grüße von Margot

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Ich freue mich, dass ihr bis hierher gelesen habt und freue mich noch mehr, wenn ihr eure Meinung dazu sagt.