Vorige Woche wurde in meinem Stadtteil das Postamt überfallen. Zufällig waren wir gerade auf dem Weg ins Geschäft, kurz nachdem es geschehen war. Das Fernsehen war da und interviewte den reschen Kriminalkommissar (falls das die korrekte Bezeichnung ist), eine Polizistin nahm Zeugenaussagen auf, einige Herren aus der Nachbarschaft standen beisammen und diskutierten die Ereignisse, und der Postamtsleiter stand ein wenig stolz ob der Aufmerksamkeit, die ihm zuteil wurde, vor seinem Postamt.
Die Sachlage war schnell geklärt. Ein unrasierter Mann hatte das Postamt betreten, eine Mütze auf dem Kopf, in der Jackentasche den Zeigefinger ausgestreckt (vermutlich), um eine Schusswaffe vorzutäuschen. "Pronto!" rief er, was die Zeugen dazu veranlasste, ihn für einen Italiener zu halten, und der Postamtsleiter händigte ihm ca. 500 € aus. Daraufhin verließ er das Gebäude, der tapfere Postamtsleiter, der zu diesem Zeitpunkt Pantoffeln anhatte, auf Socken hinterher, allerdings zu langsam, da sich der Räuber auf ein Fahrrad schwang und davonradelte. Dann verlor sich seine Spur.
Am nächsten Tag stand in der Zeitung zu lesen, dass ein Ausländer die Post überfallen hatte, mit einer nochmaligen Schilderung der Ereignisse, wie ich sie hier dargelegt habe.
Dann war ein paar Tage Ruhe, bis der Täter gefasst wurde. Eine Zeugin hatte ihn dabei beobachtet, als er in einer Bahnunterführung seine Kleidung wechselte und den Sack mit der Beute versteckte. Daraufhin wurde diese Stelle observiert, bis der dreiste Räuber zurückkehrte, um das Geld abzuholen. Das war das Ende der Postraubgeschichte. Nicht besonders spektakulär, ich weiß. Dem Täter drohen, wenn ich richtig informiert bin, bis zu 10 Jahre Haft für einen bewaffneten Raubüberfall. Es handelt sich übrigens um einen einschlägig vorbestraften Salzburger. 10 Jahre Haft für 500 €, wahrscheinlich könnte er sich selbst in den Hintern beißen.
Einen schweren Fehler habe ich in diese Geschichte eingeschmuggelt. Das Postamt heißt nicht Postamt, sondern post.at, nachdem die Post vor einiger Zeit privatisiert und in eine Aktiengesellschaft umgewandelt wurde. Da die Aktionäre Gewinne sehen wollen, wird zur Zeit überlegt, Postämter (der Einfachheit halber nenne ich sie so) zu schließen, wesentliche Dienstleistungen an Private zu vergeben und massiv Personal abzubauen. Die Privaten sind allerdings nur an den gutgehenden Postämtern interessiert, abgelegene Orte könnten in Zukunft ohne Post dastehen, da nicht lukrativ, und der Personalabbau ist seit einiger Zeit in vollem Gang. Was dazu geführt hat, dass Leute mit der Stoppuhr neben den Briefträgern hergelaufen sind, um ihnen größere Sprengel zu verpassen. Was in weiterer Folge dazu geführt hat, dass die Briefträger jetzt im Laufschritt 10-Stunden-Arbeitstage zu bewältigen haben. Mit eigenen Augen gesehen, den Laufschritt.
Und jetzt ist sie wirklich fertig, die Geschichte vom großen Postraub.