Mittwoch, 26. August 2009

Der große Postraub

Vorige Woche wurde in meinem Stadtteil das Postamt überfallen. Zufällig waren wir gerade auf dem Weg ins Geschäft, kurz nachdem es geschehen war. Das Fernsehen war da und interviewte den reschen Kriminalkommissar (falls das die korrekte Bezeichnung ist), eine Polizistin nahm Zeugenaussagen auf, einige Herren aus der Nachbarschaft standen beisammen und diskutierten die Ereignisse, und der Postamtsleiter stand ein wenig stolz ob der Aufmerksamkeit, die ihm zuteil wurde, vor seinem Postamt.
Die Sachlage war schnell geklärt. Ein unrasierter Mann hatte das Postamt betreten, eine Mütze auf dem Kopf, in der Jackentasche den Zeigefinger ausgestreckt (vermutlich), um eine Schusswaffe vorzutäuschen. "Pronto!" rief er, was die Zeugen dazu veranlasste, ihn für einen Italiener zu halten, und der Postamtsleiter händigte ihm ca. 500 € aus. Daraufhin verließ er das Gebäude, der tapfere Postamtsleiter, der zu diesem Zeitpunkt Pantoffeln anhatte, auf Socken hinterher, allerdings zu langsam, da sich der Räuber auf ein Fahrrad schwang und davonradelte. Dann verlor sich seine Spur.
Am nächsten Tag stand in der Zeitung zu lesen, dass ein Ausländer die Post überfallen hatte, mit einer nochmaligen Schilderung der Ereignisse, wie ich sie hier dargelegt habe.
Dann war ein paar Tage Ruhe, bis der Täter gefasst wurde. Eine Zeugin hatte ihn dabei beobachtet, als er in einer Bahnunterführung seine Kleidung wechselte und den Sack mit der Beute versteckte. Daraufhin wurde diese Stelle observiert, bis der dreiste Räuber zurückkehrte, um das Geld abzuholen. Das war das Ende der Postraubgeschichte. Nicht besonders spektakulär, ich weiß. Dem Täter drohen, wenn ich richtig informiert bin, bis zu 10 Jahre Haft für einen bewaffneten Raubüberfall. Es handelt sich übrigens um einen einschlägig vorbestraften Salzburger. 10 Jahre Haft für 500 €, wahrscheinlich könnte er sich selbst in den Hintern beißen.

Einen schweren Fehler habe ich in diese Geschichte eingeschmuggelt. Das Postamt heißt nicht Postamt, sondern post.at, nachdem die Post vor einiger Zeit privatisiert und in eine Aktiengesellschaft umgewandelt wurde. Da die Aktionäre Gewinne sehen wollen, wird zur Zeit überlegt, Postämter (der Einfachheit halber nenne ich sie so) zu schließen, wesentliche Dienstleistungen an Private zu vergeben und massiv Personal abzubauen. Die Privaten sind allerdings nur an den gutgehenden Postämtern interessiert, abgelegene Orte könnten in Zukunft ohne Post dastehen, da nicht lukrativ, und der Personalabbau ist seit einiger Zeit in vollem Gang. Was dazu geführt hat, dass Leute mit der Stoppuhr neben den Briefträgern hergelaufen sind, um ihnen größere Sprengel zu verpassen. Was in weiterer Folge dazu geführt hat, dass die Briefträger jetzt im Laufschritt 10-Stunden-Arbeitstage zu bewältigen haben. Mit eigenen Augen gesehen, den Laufschritt.
Und jetzt ist sie wirklich fertig, die Geschichte vom großen Postraub.

5 Kommentare:

  1. nicht spektakulär... na ja, ich weiß nicht, wenn man sowas live erlebt, glaub ich reichts mit Aktion.

    Das mit den Postämtern schließen ist in Deutschland inzwischen auch schon so. Bei uns ist die Post beim Bäcker untergebracht. Na ja, warum nicht, könnte man sagen, aber der Bäcker hat nur an zwei Nachmittagen offen und wann soll man dann als Berufstätige die Pakete abholen oder Einschreiben usw. aufgeben...
    Es finden sich auch sehr schwer Geschäfte, die den Postschalter übernehmen wollen.
    Aber dafür hab ich einen lieben netten Postboten, der trotz Stress und Hektik immer ein nettes Wort parat hat :-)

    LG Britta

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  2. Nur 500 Euro und dann vielleicht 10 Jahre Knast.
    Das ist mühsam verdientes Geld, was ihm wieder abgenommen wird. Armer Räuber! Lach.
    Liebe Grüße
    Joachim

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  3. Es ist eigentlich logisch, dass unter dem Kapitalismus jemand, der eine Bank oder ein Postamt überfällt, niemanden dabei umbringt und nur jämmerlich Beute macht, härter bestraft wird als jemand, der beispielsweise ein Kind vergewaltigt und anschliessend umbringt. Denn unter dem Kapitalismus zählt das Geld mehr als der Mensch. Geld ist die heilige Kuh des Kapitalismus...
    LG

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  4. ....ja, ich hab mich gerade gefragt, was es an Verzweiflung braucht um eine lange Haftstrafe für 500 Teuronen zu riskieren, lieber Gruß Regina

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  5. Britta, als ich da vorbeikam, hatte ich den Eindruck, die hatten alle einen Mordsspaß, dass sich da einmal etwas Aufregendes tut. Der Postamtsleiter (ein kleiner, schmaler Mann) war plötzlich um einen Kopf größer, so stramm stand er da, richtig aufgeregt und glücklich, dass er wichtig ist.
    Bei den Postämtern, die übergeben werden, bin ich sehr skeptisch. Eben so wie du das schilderst, so stelle ich mir das bei uns dann auch vor. Jetzt kann ich noch manchmal nach der Arbeit auf die Post gehen, aber ob das in Zukunft auch noch möglich ist, steht in den Sternen.
    Joachim, ja, beinahe könnte er einem leid tun, der Räuber.
    Sica, tatsächlich zählt auch bei uns der Besitz mehr als der Mensch. Was ich für nicht in Ordnung halte.
    Regina, das war auch mein Gedanke. Man muss schon sehr am Boden sein, um so eine Tat zu begehen. Nichtsdestotrotz ist sie geschehen.
    Liebe Grüße von Margot

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Ich freue mich, dass ihr bis hierher gelesen habt und freue mich noch mehr, wenn ihr eure Meinung dazu sagt.