Samstag, 27. Juni 2009

Fahrschein

Da war vor ein paar Tagen ein Leserbrief in der Zeitung. Jemand hatte auf einer Bahnfahrt eine Beobachtung gemacht. Der Zug hatte beträchtliche Verspätung. Aus diesem Grund gab es eine Durchsage, dass er an einer Haltestelle nicht halten würde. Der Zug passierte diese Station, ohne stehen zu bleiben, ein dunkelhäutiger Mann sprang auf und gab einen Schreckenslaut von sich. Er hatte die Durchsage nicht verstanden, ein Tourist aus Amerika, der der deutschen Sprache nicht mächtig war und der gerade seine Ausstiegsstelle verpasst hatte.
Die Schaffnerin eilte herbei. Es gab hitzige Debatten, in deren Verlauf die Frau auf den Touristen einredete, auf Deutsch, dieser verstand nicht, worum es ging und antwortete auf Englisch. Er wurde sehr in die Enge getrieben, da die Schaffnerin glaubte, nun einen Schwarzfahrer erwischt zu haben. Schließlich hatte er für die weitere Strecke keine gültige Fahrkarte. Sie beschimpfte ihn auf das Übelste, was er zum Glück nicht verstand, andere Fahrgäste mischten sich ein und ergriffen Partei für den vermeintlichen Schwarzfahrer, es entstand ein handfester Streit, der erst nach langen Querelen geschlichtet wurde. Das Ende der Geschichte war, dass der amerikanische Tourist bei der nächsten Station aussteigen durfte und wenigstens gratis zu seinem eigentlichen Zielort zurückfahren durfte.
Im Bus habe ich einmal eine Szene beobachtet, woran mich dieser Vorfall erinnert hat. Ich war auf dem Weg nach Hause, da stieg bei einer Haltestelle ebenfalls ein dunkelhäutiger Mann ein und setzte sich. Der Bus blieb stehen und fuhr nicht weiter. Unruhe entstand, alle Fahrgäste wunderten sich, warum es nicht weiter ging. Da stand der Busfahrer auf, stapfte breitbeinig durch den ganzen Bus, baute sich vor dem neuen Fahrgast auf, die Hände in die Seiten gestemmt, und verlangte den Fahrschein zu sehen. Das ist sehr ungewöhnlich und kommt praktisch nie vor, da es für die Fahrscheinkontrollen anderes Personal gibt. Der dunkelhäutige Fahrgast war also sehr verdutzt, begann dann in seinen Taschen zu kramen, deren er einige hatte, und beförderte dann nach einiger Zeit einen gültigen Fahrschein zutage. Der Busfahrer lief hochrot an, grummelte irgendwelche abschätzigen Bemerkungen in sich hinein und stapfte genauso breitbeinig, wie er gekommen war, wieder nach vorne, um mit etlicher Verspätung die Fahrt fortzusetzen. Wenigstens haben sich auch in diesem Fall andere Fahrgäste eingemischt und für den Beschuldigten Partei ergriffen.
Ich will ja selten jemandem etwas unterstellen, in diesem Fall aber doch. Ich behaupte nämlich jetzt, dass eine solche Behandlung etwas mit der Hautfarbe der Fahrgäste zu tun hat. Und dass eine solche Behandlung unwürdig ist und mir sehr gegen den Strich geht.

6 Kommentare:

  1. So etwas regt mich auch auf! Ich habe das auch schon oft beobachtet, das bei Fahrkartenkontrollen gezielt auslaendische Mitbuerger angesteuert werden, dabei dann auch noch sehr unhoeflich behandelt werden, die "deutscher" aussehenden Fahrgaeste werden hoeflich um die Fahrscheine gebeten und bekommen manchmal auch ein "danke" oder "entschuldigen sie die Stoerung" zu hoeren. Da rollen sich mir die Fussnaegel hoch.... und waehrend die Kontrolletis sich vor irgendeinem armen Kerl der dunklere Haut hat aufbauen, schleichen die deutschen Schwarzfahrer still und heimlich zur Tuere raus.... wirklich beschaemend!
    LG und schoenes Wochenende! Stefanie

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  2. Ja,das hatte eindeutig was mit der Hautfarbe zutun!Das ist wirklich eine Schande!!

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  3. Also der zeite Fall hatte eindeutig was mit der Hautfarbe zu tun. Und der erste Fall war in meinen Augen nur ein Missveständnis, an dem sich die Leute unnütz hoch geschaukelt haben.

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  4. Das ist für mich ein Grund ,mein nächstes Vorhaben -mehr Englisch zu lernen,sieht man auch im blog -um in solchen Momenten einfach da sein zu können.Englisch können doch schon sehr viel Leute.Dann könnte man mehr helfen,wenn nciht dann mit Händen und Füßen.Zivilcourage brauchen wir mehr denn je.Diese ewige passive wegschauen und weghören - nervt mich oft.

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  5. Vielen Dank dafür dass Du dieses Thema aufgegriffen hast und ich kann Dir nur beipflichten: So ein verhalten ist einfach nicht aktzeptabel. Ich habe übrigens in meinem estrigen Artikel "Zusammenfassung der letzten Woche" ebenfalls mal (in einem etwas anderem Zusammenhan) meinem Unmut darüber Luft gemacht.

    @Augenblicke In diesem Vorhaben kann ich Dich nur bekräftigen. Da ich aus der Nähe einer Garnisonsstadt (Bamberg) komme und mein Englisch ganz passabel ist kann ich Dir wohl aus Erfahrung sagen dass mir meine Englischkenntnisse schon in einigen Lebenssituationen weitergeholfen haben

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  6. Freut mich, dass ihr das auch so seht wie ich. Könnte ja auch sein, dass ich eine Paranoia habe. Die Fahrscheinkontrollore in den Bussen sind bei uns an sich sehr höflich und freundlich, über die kann man sich wirklich ncht beschweren, auch ausländischen Fahrgästen gegenüber. Im geschilderten Fall war es ein Busfahrer, der meinte, sich wichtig machen zu müssen.
    Liebe Grüße euch allen

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Ich freue mich, dass ihr bis hierher gelesen habt und freue mich noch mehr, wenn ihr eure Meinung dazu sagt.