Samstag, 6. Juni 2009

Krise

Diese Woche habe ich einmal mit einem Freund gesprochen, der schon sehr lange arbeitslos ist. Er bewirbt sich und bewirbt sich, er möchte gerne, die Ordnung in seiner Wohnung ist nicht mehr auszuhalten, weil ihm sonst nichts mehr zu tun einfällt als aufzuräumen, zwischendurch bewirbt er sich wieder, aber es ergibt sich nichts. Die paar Firmen, bei denen er sich vorstellen darf, bieten ihm ein Gehalt, von dem er nicht leben kann, obwohl er kein sehr anspruchsvoller Mensch ist. Und die vielen anderen, die er anschreibt, machen sich nicht einmal die Mühe, zurückzuschreiben. Vielleicht sollte er sich als Bürokraft bewerben, offensichtlich haben die niemanden, der sich um die Korrespondenz kümmert. Auch vom Arbeitsamt kommt nichts mehr, keine Angebote. Im Lauf des letzten Jahres hat sich das dramatisch geändert.
Jetzt sehe ich schon ein, die Krise, die Wirtschaftslage, die Zeiten sind nicht rosig. Aber so ein bisschen beschleicht mich der Verdacht, dass manche Firmen die Krise weidlich ausnutzen, um die Bedingungen in ihrem Sinne zu verändern. Mit Hinweis auf die Wirtschaftslage werden die Angestellten jetzt schlechter bezahlt und müssen für dieses lausige Geld dann auch noch mehr arbeiten. Wenn es ihnen nicht passt, dann suchen wir eben jemanden anderen, es gibt ja genug Menschenmaterial. Manche Firmen, habe ich geschrieben. Diejenigen, auf die das nicht zutrifft, mögen mir bitte verzeihen.
Was unlängst auch in der Zeitung zu lesen war, war eine Studie, die besagte, dass es, um den derzeitigen Wohlstand zu halten, nötig wäre, dass jeder Arbeitnehmer 25 Stunden in der Woche arbeitet. Was de facto auch geschieht, über prekäre Arbeitsverhältnisse, Teilzeitarbeit, stundenweise Arbeit, geringfügige Beschäftigung. Mit dem Effekt, dass viele Arbeitnehmer nicht mehr von Gewerkschaften vertreten werden, nicht mehr nach Kollektivvertrag bezahlt werden und grundsätzlich keinerlei Recht mehr haben, über irgendetwas zu maulen. Das Gleichgewicht hat sich etwas verschoben zu Gunsten der Arbeitgeber. Krise hin, Krise her. Und was mich eigentlich ärgert bei der ganzen Sache, das ist, dass Menschen nicht mehr als Menschen betrachtet werden, sondern als statistischer Wert, als Zahl, die man hierhin und dorthin schieben kann, als irgendein unbedeutender Posten in einer Bilanz. Das ist es, was mich wirklich ärgert. Mein Freund, mit dem ich gesprochen habe, ist einfach nur ein Kostenfaktor.

10 Kommentare:

  1. Hallo Margot!
    So ist das: die, die keine Arbeit wollen, bekommen Angebote vom Arbeitsamt - die, dich sich nichts sehnlicher wünschen, als einen Job, werden nicht be- und geachtet - fallen oft ins tiefe Loch, da sie in ihrem Leben nicht mehr den rechten Sinn sehen! Man fühlt sich nutzlos, nicht gebraucht!

    Abgesehen vom finanziellen Aspekt, aber hätte Dein Freund kein Interesse an einer ehrenamtlichen Tätigkeit, die ihm Freude bereiten könnte?

    Ich drücke ihm jedenfalls ganz dolle die Däumchen! Lieben Gruß, Claudia

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  2. Was ich mittlerweile auch glaube - das es einfach nicht mehr genügend Arbeit für alle gibt, in Zukunft geben wird. Zwei Lager (zwei Klassen) spalten sich - die die noch Arbeit haben und auch einigermaßen bezahlt werden und die Anderen - die sich in Zeitarbeitsfirmen versklaven lassen müssen oder die gar keine haben und dann auch kaum existieren können.(HartzIV) Das läuft so langsam unter aller Würde des Menschen.liebe Grüße Manuela

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  3. ja das ist leider gar nicht so abwegig, gedanken habe ich mir darüber auch schon gemacht. zum glück habe ich noch meine arbeit. es war ja für arbeitsuchende ohnehin schon immer schwierig genug neue arbeit zu finden, jetzt mit der krise ist alles noch schlimmer. und ich gebe dir recht, es gibt sicher EINIGE firmen die das ausnutzen. und ich gebe dir auch recht in dem punkt das man manchmal weder zu-noch absage bekommt, geschweige denn mal einen anruf oder irgendwas. die bewerbungen landen anscheinend im schredder und das wars. schade eigentlich, die bewrbungskosten kriegt man ja nun auch nicht geschenkt.
    man hat einfach nix mehr zu melden.

    lg

    bettyblue

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  4. Also ich kann aus dem Lager der arbeitssuchenden berichten. Und ich kann nur sagen, dass mich allein der Zeitungsnebenjob so aufbaut, dass ich mir damit überhaupt erst wieder die Kraft hole, mich zu bewerben.
    sicher, in den guten Fällen bekomme ich wenigstens ne Absage in den schlechten gleich gar keine Antwort. - Und dann muss man sich von den verdienenden als Sozialschmarozer bezeichnen lassen und auch noch lächeln dabei. ist nicht wirklich leicht.

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  5. Das kannst Du drehen wie Du willst, je mehr sich die Krise bemerkbar macht, um so weniger ist der Mensch als solcher wert. Leider.
    Wünsche Dir aber trotzdem ein schönes Wochenende .LG Doris

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  6. Claudia, vielen Dank fürs Daumendrücken! Das kann er gut gebrauchen. Eine ehrenamtliche Tätigkeit hat er, aber so ganz erfüllend ist die wohl auch nicht.
    Manuela, die Frage nach der Würde ist eine Frage, die mich in diesem Zusammenhang auch beschäftigt. Wo bleibt die Würde, wenn man nicht einmal wahrgenommen wird?
    Betty, hab' ja bei dir schon gelesen, dass du etwas Neues suchst. Wahrscheinlich hast du auch schon einige Erfahrungen gesammelt. Ich drücke dir auf jeden Fall ganz fest die Daumen!
    Ghost, das freut mich sehr, dass dir dein Nebenjob Kraft gibt. Lächeln musst du ganz sicher nicht, wenn du als Sozialschmarotzerin bezeichnet wirst. Alleine dieses Wort finde ich schon unter jeder Kritik.
    Doris, ich will das gar nicht in eine andere Richtung drehen und so tun, als ob das alles toll wäre. Steht bei euch auch in der Verfassung, die Würde des Menschen ist unantastbar?
    Liebe Grüße euch allen und schönen Sonntag!

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  7. Was immer mehr wird sind die 400 Euro Jobs, ganze Bereiche werden damit abgefangen, z.B. Kassiererinnen, das sind bei uns fast nur 400 Euro Jobs für Studenten. Wenn ich richtig informiert bin, wird auch im Pflegewesen nur noch mit ganz kleinen Stammbelegschaften gearbeitet, alles andere wird über 400 Euro abgefangen, ich hab schon öfter mal gedacht, das es bald so sein wird wie in den Staaten, da haben die Menschen zum Teil 3 oder 4 Kleinjobs und arbeiten von morgens bis spät in den Abend hinein um Leben zu können...Lieber Gruß Regina

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  8. Oh wie ich das kenne! Eine lange Arbeitslosigkeit und du bist gleich; Sozialschmarotzer..haha von dem bisschen Geld...Nun wo ich arbeite, ok hebt das ein wenig das Selbstbewusstsein aber auf der anderen Seite; Zeitarbeitsfirma= moderne Sklaverei. Gut nun bin ich froh einen Job zu haben, aber oft denke ich mir, unter welchen Bedingungen? 70,60€ die Fahrkarte und ca. 300€ weniger als wenn ich wo fest wäre. Ja so machen die das, erst immer in die eigene Tasche schöffeln danach kommst du. Ich weiss nicht ob ich so glücklicher bin oder eben wenn ich einfach zu Hause bleibe und mich weiter bewerbe, denn jetzt wo ich so stramm arbeite, habe ich keine "Kraft" mehr zig Bewerbungen zu schreiben. Und was ich ganz unverschämt finde. Du schreibst Bewerbungen und bekommst sie noch nichtmal zurück: Immerhin kosten hier 6 Bewerbungsfotos 34€ plus die Mappen und Briefmarken. Ehrlich UNVERSCHÄMT. Wir der kleine bürger, ach ich glaube nach dem wird zuletzt geschaut,, ja es geht um Statistiken und du bist eh auf allen Ämtern,eine Nummer. Zu Reginas Kommentar will ich sagen; ist es hier nicht schon wie in den Staaten? Krankenkassen-Gesundheitsfont ich habe letztens die 10 € Arztgebühr plus 29,00€ in der Apotheke bezahlt, da kann ich mich ja Privat versichern., hier haben viele einen 400€ Job und machen deswegen gleich 2, 400€ Jobs und? Kommst trotzdem nicht über die Runden.Traurig ist das ehrlich. Mir hat mal eine alte Frau vor Jahren gesagt: Kind es muss wie nach dem Krieg kommen, alles muss kaputt gehen und ihr alle müsst wieder aufbauen, dann wird es euch wieder besser gehen. Heute denke ich vielleicht meinte sie auch; dann wären wir alle gleich-jeder hat dasselbe, nämlich erstmal NICHTS!

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  9. Hallo Margot,

    wie Recht du hast mit deinen Worten. Menschen sind Zahlen, das merkt man auch bei Christoph auf Arbeit immer wieder. Am liebsten würde er auch den Job wechseln, da die Arbeitsbedingungen echt nicht toll sind. Doch wohin? Wo anders ist es wahrscheinlich nicht besser...
    Mitfühlende Grüße,

    Steffi

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  10. Regina, so ganz habe ich das nich nicht durchschaut, wie das bei euch mit den 400-Euro-Jobs läuft. Bedeutet das, dass die Leute zusätzlich zum Arbeitslosengeld noch 400 € ausbezahlt bekommen? Oder müssen die Leute so einen Job annehmen, weil ihnen sonst Versicherungsleistungen gestrichen werden? Auf jeden Fall ein gefundenes Fressen für jeden Arbeitgeber, kommt mir vor. Bei uns gibt es die Variante, dass der Staat einen Teil des Gehalts bezahlt und die Frimen auf diese Art und Weise an billige Arbeitskräfte kommen.
    Kerstin, ich glaube, ich habe es weiter oben schon geschriben, das Wort Sozialschmarotzer finde ich einfach nur abscheulich. Und ich kann es dir nachfühlen, dass es einfach ermüdend ist, so viel zu arbeiten, und am Ende schaut nicht viel dabei raus. Ich würde mich trotzdem weiter bewerben, auch wenn es anstrengend ist und an die Nerven geht.
    Steffi, deinem Christoph wünsche ich, dass er irgendwann eine Arbeit findet, die ihn befriedigt. Es ist nicht schön, wenn man einen Großteil seines Lebens mit etwas verbringt, das eine Mühsal ist.
    Liebe Grüße!

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Ich freue mich, dass ihr bis hierher gelesen habt und freue mich noch mehr, wenn ihr eure Meinung dazu sagt.