Freitag, 26. Juni 2009

Ohne Bild, grmpf!

Meine Kamera behauptet wieder einmal, sie hätte keinen Memory Stick, obwohl einer drin ist, die Schilderung der Ereignisse muss also diesmal ohne Bilder auskommen. Ist aber wirklich ärgerlich, ich glaube, ich werde mir jetzt dann wirklich einmal eine neue kaufen. Aus heiterem Himmel, völlig ohne Vorwarnung, geht nichts mehr.
Gerne hätte ich euch heute nämlich mein Schnäppchen gezeigt, das ich erworben habe. Bei einem Spaziergang durch den Stadtteil, in dem sich die Bibliothek befindet, bin ich heute an einem Wollgeschäft vorbeigekommen. Stimmt nicht, vorbeigekommen bin ich nicht. Wie ferngesteuert bin ich hineingegangen. So ein winzigkleines Loch müsst ihr euch vorstellen, vollgeräumt mit Kisten, Wollen, Stickbildern, gestrickten Musterflecken, alles meterhoch gestapelt, und ganz hinten im Eck, versteckt hinter diesen Bergen, saß eine alte Frau. Die grauen Haare hochgesteckt und geschminkt wie Audrey Hepburn, die Ähnlichkeit war unübersehbar. Strickzeug hatte sie in der Hand.
Also, ich komme rein, sie rappelt sich hoch, mustert mich freundlich und abschätzend und fragt, was ich suche. Solche Fragen sind ja oft peinlich, weil man gerade eben den Entschluss gefasst hat, Wolle zu erwerben, und gar nicht so genau weiß, was man eigentlich will. Ich finde, ich habe diesen Moment sehr gut überspielt und mir in Windeseile die Geschichte zurechtgelegt, dass ich für Weihnachten einen Schal stricken möchte. Was auch nicht ganz an den Haaren herbeigezogen ist, denn schließlich habe ich mit diesem Gedanken insgeheim schon geliebäugelt. Die gute Frau war sofort Feuer und Flamme für diese Idee, ließ es aber nicht dabei bewenden, mir einfach Wolle zu verkaufen, sondern ich erhielt auch noch eine Rundumberatung mit anschließendem Strickkurs, da sie mir erstens ihren ganz persönlichen Maschenanschlag beibringen musste, zweitens ihre Art der Randmaschen und drittens ihre Methode des Farbwechsels. Das alles zeigte sie mir, und ich musste das dann unter ihrem wachsamen Auge wiederholen, bis ich es konnte, kommentiert von Ausrufen wie: "Nein, so nicht!" oder: "Das haben Sie jetzt aber schnell durchschaut." Ich kann also behaupten, dass ich heute viel gelernt habe. Sehr amüsant war es, wir beide haben uns dabei nämlich blendend unterhalten. Eine Stricksüchtige erkennt wohl eine andere Stricksüchtige auf Anhieb, und so habe ich in diesem Geschäft mindestens eine Stunde verbracht, um 6 Knäuel Wolle zu kaufen. Nebenbei habe ich auch erfahren, dass sie stolze Besitzerin eines Oldtimers ist, der seit 5 Wochen bei der Reparatur steht, weil die Ersatzteile nicht mehr erhältlich sind, ich habe einen Vortrag auf Italienisch gehört, da sie mit ihrem Oldtimer auf Urlaub nach Italien fahren möchte, wir haben uns über italienische Landschaften und Städte unterhalten, über junge Leute, die vor lauter modebwusst nicht mehr erkennen, welche Farben zusammenpassen, über gobelinstickende ältere Herren, die jedes Monat um ein neues Stickbild kommen und noch vieles mehr, während Anschlag und Randmaschen geübt wurden. Die Kundin, die nach mir ins Geschäft kam, musste warten, tat das allerdings mit einer Engelsgeduld. Wahrscheinlich war sie schon daran gewöhnt.
Alles in allem war es ein herzerfrischender Einkauf. Nur leider kann ich euch das Ergebnis nicht zeigen. Herrlich weiche Merinowolle in Wollweiß. Ihr könnt jetzt natürlich einwenden, ich hätte genügend Wollvorräte daheim. Dem könnte ich absolut nichts entgegenhalten. Aber es musste einfach sein.

6 Kommentare:

  1. Cool, Wollkauf mit gratis Strickkurs. Na wenn das nichts ist. Dafür zeigst uns dann aber das Ergebnis, was aus der Wolle geworden is. oder?!

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  2. Gleichgesinnte Seelen haben eben einen "heißen Draht" füreinander. LG Doris

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  3. Liebe Margot,
    hatten wir das nicht schon mal? Du macht einem den Mund wässrig (die spezielle Art der Randmaschen und des Farbwechsels bei der netten alten Dame) und dann überlässt du den geneigten Leser dem Grübeln.
    Das hört sich alles nach einem rundum gelungenen Erlebnis an und wenn der Schal erst an Weihnachten fertig zu sein braucht, wird bis dahin sicherlich das Problem mit der Kamera auch gelöst sein.
    LG und schönes Wochenende
    MARiON

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  4. Hallo Margot!
    Bin zwar keine Strick-Liesel, aber dafür eine leidenschaftliche Leserin. Folglich kann ich sehr gut nachvollziehen, dass Du Dich vorsorglich und ausreichend mit Deinem "Stoff" eindeckst - wird ja immerhin nicht schlecht...meine Buchvorräte übrigens auch nicht!!
    Einen gemütlichen Abend wünscht Dir Anna

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  5. Was heißt hier, "genügend Wollvorräte"! Stricksüchtige oder besser "Wollsüchtige" haben das nie! Wolle ist für mich eine Philosophie.Und für dich sicher auch, wenn ich deine Geschichte so lese. Sie (die Wolle natürlich) in den Händen halten,ihren Geruch einsaugen, die Farben beundern ... das ist doch Genuss pur! Da braucht man noch nicht mal anfangen zu stricken.

    LG Bärbel.

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  6. Ghost, hehe, war ein Riesenspaß. Sie hatte nämlich auch ein Schild in der Auslage, "Strickkurs im Preis inbegriffen". Aber dass sie das so wortwörtlich nehmen würde, hätte ioh nicht geglaubt.
    Doris, ja, gleich und gleich gesellt sich gern.
    Marion, momentan funktioniert die Kamera wieder, sobald ich das Problem gelöst habe, wie ich stricke und gleichzeitig fotografiere, werde ich eine Anleitung veröffentlichen.
    Anna, dein Vergleich ist sehr treffend und beruhigt mich ungemein. Mit deiner Erlaubnis werde ich mir dein Argument für zukünftige Wollkäufe zueigen machen. Meine Nachbarn sind übrigens in eine größere Wohnung übersiedelt, weil sie nicht mehr genug Platz für ihre Bücher hatten.
    Bärbel, herzlichen Dank für dein Verständnis. Das tut gut. Langsam aber sicher werde ich mir allerdings ein neues Wolldepot zulegen müssen.
    Liebe Grüße euch allen von Margot

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Ich freue mich, dass ihr bis hierher gelesen habt und freue mich noch mehr, wenn ihr eure Meinung dazu sagt.